GNF - Bedrohter See des Jahres 2017 - Tanganjikasee
 

Bedrohter See des Jahres 2017: Tanganjikasee

Burundi, Demokratische Republik Kongo, Sambia und Tansania

 Fischerboote am Tanganjikasee
 

Pressemeldung des GNF zum Bedrohten See 2017

 

Interview mit Herrn Emmanuel Nshimirimana,
Geschäftsführer der Umweltorganisation Biraturaba, Burundi

Der Global Nature Fund ernennt den Tanganjikasee zum „Bedrohten See des Jahres 2017“. Sedimentation, Verschmutzung und Übernutzung bedrohen den zweitgrößten See Afrikas. Mit einem Volumen von 17 % des weltweit verfügbaren Trinkwassers ist der Tanganjikasee von globaler Bedeutung und eine Lebensquelle für mehrere Millionen Menschen.

 

Die internationale Stiftung Global Nature Fund (GNF) ruft den Tanganjikasee, der von Burundi, der Demokratischen Republik Kongo, Tansania und Sambia umgeben ist, zum „Bedrohten See des Jahres 2017“ aus. Am Welttag der Feuchtgebiete weist der GNF auf die Bedeutung von Seen und Feuchtgebieten weltweit hin. Zusammen mit der burundischen Living Lakes-Partnerorganisation Biraturaba ruft der GNF zur Umsetzung von nachhaltigen Maßnahmen auf, um den Tanganjikasee zu schützen.

 

Ein See der Superlative

Der Tanganjikasee bietet mehr als 1.500 Pflanzen- und Tierarten einen Lebensraum, 40 % von ihnen sind endemisch, das bedeutet, dass diese Arten nur hier zu finden sind. Dieser Artenreichtum zeichnet den See als wichtigen Biodiversitäts-Hotspot aus. Mit 1.470 Metern ist er zudem der zweitiefste See der Erde sowie der zweitgrößte in Bezug auf sein Wasservolumen; er enthält 17 % des weltweit verfügbaren Trinkwassers. Mit einer Länge von 673 Kilometern ist er der längste See weltweit.

 

Wachsende Bevölkerung an den Ufern bringt gravierende Probleme für den See mit sich

Das Tanganjikasee-Becken ist mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert, die aus den Aktivitäten der rasch wachsenden Bevölkerung in den Anrainerstaaten resultieren. Jeder zehnte der 10 Millionen Menschen, die im Tanganjikasee-Becken leben, ist direkt von den Fischerei-Ressourcen des Sees abhängig, ungefähr 100.000 von ihnen sind selbst Fischer.

 

Der Tanganjikasee wird durch die Übernutzung der biologischen Ressourcen bedroht. Die Überfischung führt zum dramatischen Rückgang die Fangerträge. Zwischen 1995 und 2011 verringerte sich der gesamte Fischfang um 25 %, da sich in diesem Zeitraum die Zahl der Fischer vervierfachte. Gleichzeitig sank der Fang, bezogen je Fischer und Jahr, um 81 %.

 

Der Rückgang der Fangerträge resultiert unmittelbar aus der Überfischung. Zwar zeigen Studien, die 1995 und 2011 durchgeführt wurden, dass die Anzahl der Fischer und der Fischerboote sehr stark anstiegen sowie die Fischerträge dramatisch sanken. Die Zahl der aktiven Fischer stieg von 44.957 in 1995 auf 94.886 in 2011 (ein Zuwachs von 111,06 % innerhalb von 16 Jahren), die Zahl der Fischerboote nahm von 13.192 in 1995 auf 28.212 in 2011 zu (ein Anstieg von 113,86 % innerhalb von 16 Jahren).

 

In Burundi selbst stieg die Zahl der Fischer von 2.021 im Jahr 1995 auf 8.202 in 2011 (ein Zuwachs von 305,84 % innerhalb von 16 Jahren), und die Anzahl der Fischerboote nahm von 1.408 in 1995 auf 3.236 in 2011 zu (ein Anstieg um 129,83 %). Der Fischertrag in Burundi sank zeitgleich von 20.000 Tonnen (1995) auf 15.000 Tonnen (2011), ein Rückgang um 25 %. Der jährliche Ertrag pro Fischer sank von 9,89 Tonnen (1995) auf 1,83 Tonnen (2011).

 Hier liegt der Tanganjikasee.
 Sedimenteintrag durch den Rusizi River in den Tanganjikasee
 Müll am Seeufer ist leider kein seltener Anblick.
 Fischerboot am Tanganjikasee
 Landwirtschaftlich genutzte Flächen am Ufer des Tanganjikasees
 Siedlungen direkt am Ufer
 Auch Sandstrände säumen den Tanganjikasee.
 

Außerdem werden die natürlichen Lebensräume am See durch das Voranschreiten der Landnutzung für die Landwirtschaft oder für Siedlungen zerstört. Unangepasste landwirtschaftliche Praktiken innerhalb des Seenbeckens führen zur Degradierung des Bodens und Erosionen. Deshalb werden Sedimentationen zu einem Hauptgefahrenpunkt für den See. Wasserzuflüsse aus den Bergregionen entlang des Sees (in Burundi) bringen durchschnittlich 100 Tonnen von Boden pro Hektar und Jahr in den See. Der Hafen von Kalemie (Demokratische Republik Kongo) enthält eine Menge von 195.840 Kubikmeter Sand, der ausgebaggert werden muss.

 

Verschmutzungen sind eine weitere Gefahr für den See. Industrielle, gewerbliche und häusliche Abwässer aus den Städten und Gemeinden entlang des Sees gelangen direkt und ohne Reinigung in den See. Der Transport auf dem See und das von Fischern für Generatoren und Lampen verwendete Öl tragen zur Verschmutzung des Wassers bei. Zusätzlich steuert das Fehlen von sanitären Einrichtungen an den Anlegestellen der Fischerboote auch zur Beeinträchtigung der Wasserqualität bei, an nur 14 % der Anlegestellen sind Toilettenanlagen vorhanden.

 

Invasive Arten, speziell die Wasserhyazinthe, werden vor allem in den Häfen von Bujumbura (Burundi) und Kigoma (Tansania) beobachtet. Wasserhyazinthen können das aquatische Leben aufgrund von Sauerstoffentzug schmälern und in geschützten Buchten den Nährstoffgehalt für Jungfische reduzieren.

 

Eine Lebensquelle, die sich vier Staaten teilen

Um der globalen und örtlichen Bedeutung des Sees gerecht zu werden, ist die internationale Staatengemeinschaft gefragt. Auf lokaler Ebene haben die vier Anrainerstaaten bereits ein Kooperationsrahmen eingerichtet, die Lake Tanganyika Authority, deren Sekretariat in Bujumbura (Burundi) liegt. Leider gehören die vier Anrainerstaaten zu den ärmsten Ländern weltweit und können die Situation nicht aus eigener Kraft stemmen. Deshalb ist eine koordinierte Unterstützung essentiell für die Verbesserung des Zustandes dieses wertvollen Ökosystems am Tanganjikasee und der Lebensbedingungen der Anrainergemeinden. Ein wichtiger nächster Schritt ist es nun, dass die vier Staaten ihre Gesetzte und Verordnungen für ein nachhaltiges Management des Tanganjikasees vereinheitlichen.

 

Lösungsansätze

Verschmutzungen und Erosion müssen reduziert werden, die lokale Bevölkerung sollte für die Probleme und ihre Gründe sensibilisiert werden, mit denen sie täglich konfrontiert wird. Alternative Einkommensquellen sollten für die Anwohner entwickelt werden.

 

Der Global Nature Fund führte in Burundi bereits zwei Projekte in Kooperation mit Biraturaba am Tanganjikasee durch:

 

Bekämpfung der Entwaldung durch das Anpflanzen von Bäumen und die Einführung verbesserter Kochstellen

 

Sauberes Trinkwasser für Schulkinder

 

Neues Projekt WASH

Im Anschluss an ihre bisherigen Aktivitäten im Bereich WASH und ihre bewährte Erfahrung möchte Biraturaba gemeinsam mit dem GNF ein Projekt zur Trinkwasserversorgung im Dorf Gitaza durchführen. Gitaza liegt in der Gemeinde Muhuta, 26 Kilometer von der Hauptstadt Bujumbura entfernt, am Ufer des Tanganjikasees. Die Bewohner Gitazas leiden am Mangel an Trinkwasser, viele Haushalte verfügen über keine sanitären Anlagen und verunreinigen so zwangsweise die Natur und den See. Im Moment trinken die Einwohner Wasser aus dem Tanganjikasee, ohne es zuvor zu behandeln. Aufgrund dieser Situation treten häufig Krankheiten auf, die durch das Wasser ausgelöst werden. Projektziel ist, die Lebensbedingungen der Einwohner von Gitaza zu verbessern, indem die 800 Haushalte des Dorfes, die 2.804 Schüler der zwei Schulen, das Gesundheitszentrum, der Markt und die Fischer mit sauberem und sicherem Trinkwasser versorgt werden. Ein weiteres Ziel ist es, ein effektives Gemeinde-Management für die Trinkwasser-Infrastruktur aufzubauen, dabei erfolgt die technische Unterstützung durch die kommunale Trinkwasserbehörde.

 
 Vorher benutzten die Dorfbewohner verschmutztes Flusswasser für ihren täglichen Bedarf.
 Wasserkiosk in Kagwema, Burundi
 Baumschule, die im Projekt eingerichtet und in Betrieb genommen wurde.
 Schüler aus Kagwema pflanzen Baumsetzlinge auf dem Grundstück der Schule.
 

Kontakt

 

Association Biraturaba
Emmanuel Nshimirimana (Geschäftsführer)
Bujumbura Mairie, Rohero I,
Avenue de l’Amitie, n°08
Bujumbura 6353, BURUNDI
Tel.: +257 2225 7181
E-Mail: nshimirimana68@gmail.com  
Website: www.biraturaba.bi

 

Global Nature Fund (GNF)

Udo Gattenlöhner (Geschäftsführer)

Fritz-Reichle-Ring 4

78315 Radolfzell, Deutschland

Tel.: +49 - (0) 77 32 - 99 95 - 80

Fax: +49 - (0) 77 32 - 99 95 - 88

E-Mail: gattenloehner@globalnature.org

Website: www.globalnature.org

 
 Übersichtskarte zum Tanganjikasee

Tanganjikasee

 

Fläche:

32.900 km²

zweitgrößter See Afrikas

sechstgrößter See der Erde

 

Länge: 

673 km (Nord / Süd)

längster See der Erde

 

Tiefe: 

max. 1.470 m

zweittiefster See der Erde

durchschnittlich 570 m

 

Wassermenge:

18.900 km³

zweitgrößter See weltweit, bezogen auf das Volumen

 

Lage: 

773 m über NN