Köln/Bonn, 21. Mai 2014: Alljährlich steht der 22. Mai als der „Internationale Tag der Biodiversität" im Mittelpunkt der Bemühungen, mehr Unterstützung für die Bewahrung der Biodiversität zu gewinnen. Die biologische Vielfalt unserer Welt ist in einem Ausmaß bedroht, wie es bislang in der Geschichte des Planeten noch nicht der Fall war. Das belegen die erschreckenden Zahlen: Von knapp über 40.000 untersuchten Rote-Liste-Arten gelten über 16.000 Arten als bedroht – das sind über 40 Prozent!
Die Landwirtschaft ist einer der Haupteinflussfaktoren für die Bedrohung der Biodiversität weltweit. Durch intensive landwirtschaftliche Produktionssysteme nehmen bei Kulturpflanzen und Nutztieren sowohl die Artenvielfalt als auch die innerartliche Vielfalt der Sorten und Rassen und damit die genetische Vielfalt stetig ab. 90 Prozent der weltweit erzeugten Kalorien stammen von gerade einmal 15 Pflanzen- und acht Tierarten. Zudem werden durch die intensivierte Landwirtschaft wertvolle Ökosysteme beeinträchtigt – etwa durch Wasserübernutzung, Überdüngung und Eintrag von Düngemitteln und Pestiziden in Böden und Gewässer.
Bedrohung natürlicher Ressourcen in Entwicklungs- und Schwellenländern
Umwelt- und Entwicklungsexperten fordern schon seit langem den Übergang zu umweltschonenden und nachhaltigen Anbau- und Wirtschaftsweisen. Dennoch sind artenreiche Lebensräume – insbesondere Tropenwälder – immer stärker bedroht: Kahlschläge für Sojaanbau und Agrosprit sowie gewaltsame Vertreibungen indigener Gruppen finden in vielen Entwicklungsländern noch immer statt.
Die Bedrohung für die natürlichen Ressourcen ist besonders in den Entwicklungs- und Schwellenländern weiter angestiegen. Denn wo Bevölkerung und Armut gleichzeitig wachsen, muss die Natur weichen.
Dabei sind besonders die rund 1,1 Milliarden in extremer Armut lebenden Menschen auf funktionierende Ökosysteme zur Deckung ihrer Grundbedürfnisse angewiesen – gerade auch deshalb, weil 70 Prozent dieser Menschen als Kleinbauern in ländlichen Gebieten leben. Deren kleinbäuerliche Wirtschaftsweise ist nach zahlreichen Studien die nachhaltigste und umweltschonendste.
- Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung fordern Fairtrade und der Global Nature Fund:
Produzenten, Verarbeiter und Handel müssen sich ihrer Verantwortung für den Erhalt der Biodiversität stellen
- Biodiversitätsfördernde Anbauweisen müssen das Leitbild der landwirtschaftlichen Produktion werden und durch faire Preise honoriert werden
- Es müssen wieder mehr Kulturpflanzenarten und -sorten angebaut und vermarktet werden. Konsumenten sollten intensiver über die Bedeutung einer vielfältigen Agro-Biodiversität informiert werden
- Standards und Qualitätssiegel der Lebensmittelbranche müssen umfassende Kriterien zum Erhalt der Biodiversität und zur nachhaltigen Nutzung von Ökosystemleistungen vorsehen und deren Wirkung auf die Natur erfassen.
Dialog für Biodiversität
In diesem Zusammenhang nimmt TransFair aktiv an einem Expertenforum des GNF zu mehr Biodiversität in relevanten Standards für die Lebensmittelbranche teil, mit dem Ziel von mehr Biodiversitätskriterien in Standards und Labels für die Lebensmittelbranche. Außerdem findet ein Dialog mit den maßgeblichen Handelsketten statt, ihre Produktionsvorgaben hinsichtlich mehr Agro-Biodiversität zu öffnen; also z.B. eine größere Sortenvielfalt zuzulassen und zu fördern.
Beispielsweise dominiert derzeit praktisch nur eine einzige wichtige Bananensorte im Anbau und im Handel – die „Cavendish"-Banane. Das führt sowohl zu einem dramatischen Verlust der Sortenvielfalt, als auch zu einer immer weiteren Reduzierung des Genpools von Kulturpflanzen, was wiederum eine höhere Schädlings- und Krankheitsanfälligkeit nach sich zieht und deshalb den verstärkten Einsatz von Agrarchemikalien und Pestiziden zur Folge hat. Die Sortenvielfalt zu fördern ist deshalb ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt der Biodiversität, ohne die weder Ernährungssicherheit noch das Überleben vieler Millionen Menschen möglich ist.
Aus Sicht von Fairtrade und GNF kann und muss sich nachhaltige Ressourcennutzung lohnen – nur dann bleiben biologische Vielfalt und eine intakte Umwelt erhalten.
Hintergrund
Der Verein TransFair e.V. wurde 1992 mit dem Ziel gegründet, benachteiligte Produzentengruppen in Entwicklungsländern zu unterstützen. Als unabhängige Organisation handelt TransFair e. V. nicht selbst mit Waren, sondern vergibt das Fairtrade-Siegel für fair gehandelte Produkte und fördert das Bewusstsein für einen nachhaltigen Konsum. Produkte mit dem Fairtrade-Siegel gibt es bundesweit in 42.000 Geschäften. Über 20.000 gastronomische Betriebe schenken Fairtrade-Kaffee und -Kakao aus. www.fairtrade-deutschland.de TransFair gehört zum internationalen Verbund Fairtrade International e.V., in dem Initiativen aus 25 Ländern und die drei kontinentalen Produzentennetzwerke zusammengeschlossen sind. www.fairtrade.net Die gemeinnützige Stiftung Global Nature Fund (GNF) mit Hauptsitz in Radolfzell am Bodensee setzt sich weltweit für den Schutz der Natur ein. Neben konkreten Schutzprojekten zum Erhalt von bedrohten Arten arbeitet der GNF auch mit Partnern aus der Wirtschaft an Strategien zur Sicherung natürlicher Ressourcen. www.globalnature.org und www.business-biodiversity.eu
Rückfragen bitte an
TransFair e.V., Remigiusstr. 21, 50937 Köln, Tel: + 49 – 221 – 94 20 40-0, Fax: + 49 – 221 – 94 20 40-40; Entwicklungspolitischer Referent: Martin Schüller, m.schueller@fairtrade-deutschland.de
Global Nature Fund, Kaiserstr. 185-197, 53113 Bonn; Tel: + 49 - 228-1848694 - 11; Leiter Unternehmen und Biodiversität: Stefan Hörmann, hoermann@globalnature.org