Die EU-Verordnung Nr. 511/2014 sowie die derzeit auf EU-Ebene in der Beratung befindlichen Durchführungsrechtsakte und das deutsche Gesetz regeln vor allem die Sorgfalts-, Dokumentations- und Berichtspflichten, die Nutzer von genetischen Ressourcen und traditionellem Wissen einzuhalten haben. Gleichzeitig werden die zuständigen nationalen Behörden verpflichtet, Nutzer zu überwachen und zu kontrollieren. Dafür sind zwei Checkpoints vorgesehen: der Empfang von Forschungsfördergeldern und die letzte Phase der Produktentwicklung. „Nutzung“ ist dabei nicht auf kommerzielle Aktivitäten beschränkt, sondern umfasst laut Definition des Nagoya-Protokolls jegliche Art von „Forschung und Entwicklung an der genetischen und/oder biochemischen Zusammensetzung genetischer Ressourcen“. Somit kommen nicht nur auf kommerzielle Nutzer, sondern auch auf alle Wissenschaftler/innen an Universitäten oder anderen Forschungseinrichtungen zusätzliche Verpflichtungen zu, sofern sie z.B. Pflanzen- oder Tiermaterial aus Vertragsstaaten de s Nagoya-Protokolls für Untersuchungen verwenden. Verstöße sollen mit erheblichen Geldbußen geahndet werden.
Bei der Umsetzung und Kontrolle der neuen ABS-Regelungen sind erhebliche praktische Probleme zu erwarten, da die im Nagoya-Protokoll und in den EU-Verordnungen verwendeten Termini noch nicht praxistauglich definiert wurden. Eine Präzisierung unter Berücksichtigung der tatsächlichen Prozesse und Praktiken bei Nutzern genetischer Ressourcen in Deutschland ist für die Vollzugsplanung nach einem risikobasierten Ansatz unerlässlich.
Zudem besteht ein dringender Bedarf an begleitenden, bewusstseins- und kapazitätsbildenden Maßnahmen. Insbesondere den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die Grundlagenforschung an biologischer Vielfalt betreiben, fehlen häufig Expertise und Kapazitäten, um die neuen Regelungen vollständig nachvollziehen und umsetzen zu können. Das gleiche trifft auf viele Unternehmen zu, die genetische Ressourcen und traditionelles Wissen kommerziell nutzen. Bereits eine 2005 von Holm-Müller et al. veröffentlichte Studie über Nutzer genetischer Ressourcen in Deutschland zeigte auf, dass in allen Sektoren ein zum Teil erhebliches Informationsdefizit zu ABS und den daraus entstehenden Verpflichtungen bestand. Ein Teil der betroffenen Nutzer ist inzwischen zwar auf ABS und das Nagoya-Protokoll aufmerksam geworden (nicht zuletzt durch Aktivitäten einzelner Verbände oder Förderinstitutionen, z.B. der DFG) – gleichzeitig nehmen aber auch Verunsicherung und Sorge um Gesetzeskonflikte zu.