GNF - Bedrohter See des Jahres 2011
 

Bedrohter See des Jahres 2011: 

Laguna de Fúquene in Kolumbien

 

Regenperiode in Kolumbien hat katastrophale Auswirkungen

Seit mehreren Monaten regnet es in Kolumbien fast ohne Unterbrechung. Auch im Fúquene-See ist der Wasserspiegel dramatisch angestiegen. Das Wasser bedeckt nun Weide- und Ackerflächen, Ortschaften wurden überflutet. Viele Anwohner mussten ihre Häuser verlassen.

Nirgends auf der Welt ist die Artendichte bei Pflanzen, Reptilien und Amphibien höher als in Kolumbien. Bis vor achtzig Jahren war die Laguna de Fúquene der größte See in Kolumbien und wichtiger Lebensraum für viele heimische Arten. Heute sind von den ehemals 10.000 Hektar nur noch etwa 3.000 Hektar See übrig. Die flache Lagune wurde ausgetrocknet oder mit Land aufgefüllt, um Flächen für Landwirtschaft und Viehzucht zu gewinnen. Gleichzeitig überwuchern eingeführte Pflanzen den See und ersticken ihn.

Bei Kolumbien denken die meisten Menschen an Drogenbosse, Guerilla und Entführungen. Dabei gehört das Land zu den artenreichsten Regionen unserer Erde und ist atemberaubend schön. Kolumbiens Fläche, so groß wie Frankreich, Spanien und Deutschland zusammen, ist zu mehr als 35% mit teilweise undurchdringlichem Urwald bedeckt. Flüsse und Seen ergänzen die Vielfältigkeit der Landschaft, die diesen Artenreichtum hervorbrachte. So bietet der von der Hauptstadt Bogotá 80 Kilometer entfernte Fúquene See Lebensraum für verschiedene Fischarten, 32 Zugvogelarten und für über 120 heimische Vogelarten wie Indianerdommel, Grünschnabelteichhuhn, Sumpfzaunkönig und Gelbkopfstärling.

 

Bis vor 80 Jahren war die Laguna de Fúquene der größte See in Kolumbien. Der See ist Wasserquelle für 200.000 Menschen, die hauptsächlich von Milch- und Landwirtschaft sowie Bergbau leben. Die gute Verfügbarkeit von sauberem Wasser hat dazu geführt, dass die Region der wichtigste Milchlieferant für die Hauptstadt Bogotá mit ihren acht Millionen Einwohnern ist. Da es sich um einen relativ flachen Wasserkörper handelt - die tiefsten Stellen betragen nur fünf Meter - hat man den See in den letzten Jahrzehnten immer weiter trockengelegt und das fruchtbare Land der Uferzone als Weideland verwendet. Heute sind von der ehemals 10.000 Hektar großen Seefläche nur noch etwa 3.000 Hektar übrig. Gleichzeitig wird der See von Jahr zu Jahr immer stärker durch ungeklärtes, verschmutztes Wasser aus den umliegenden Gemeinden und Nährstoffeinträgen aus der Viehzucht belastet. Das führt dazu, dass eingeschleppte Pflanzen, wie Wasserhyazinthe und Wasserpest, sich zunehmend ausbreiten und dem See den Sauerstoff entziehen.

 

Die verantwortliche Behörde, die Corporación Autónoma Regional (CAR), hat sich über Jahrzehnte kaum um ökologische Belange des Sees gekümmert. Im Gegenteil, sie fördert sogar die Trockenlegung des Sees. So wurde ein Seitenkanal ausgebaggert, damit das Wasser möglichst rasch an der Lagune vorbei in den Rio Suárez fließen kann. Außerdem wurden große Flächen einheimischen Rieds gemäht, was eine noch rasantere Ausbreitung der beiden eingeschleppten Pflanzenarten verursachte. Der See ist mittlerweile so stark belastet, dass er stinkt und nahezu alle Fische darin verendet sind. Damit haben über 80 Fischerfamilien ihre Existenzgrundlage verloren und auch der sich langsam entwickelnde Ökotourismus ist wieder stark zurückgegangen.

  

„Falls keine sofortigen Maßnahmen getroffen werden, ist der Umweltkollaps in den kommenden zehn Jahren unausweichlich“, sagt der Biologe Dr. Hendrik Hoeck, Südamerika-Experte und Präsidiumsmitglied des Global Nature Fund (GNF). Dadurch würde nicht nur ein Gebiet mit einzigartiger Artenvielfalt zerstört werden, sondern auch die ökonomisch wichtige Milchwirtschaft hätte infolge eines sinkenden Grundwasserspiegels mit großen Problemen zu rechnen. „Es ist schon sehr paradox, denn wenn die Regierung weiterhin zulässt, dass immer neue Flächen trockengelegt werden und dadurch der See bald stirbt, dann wird auch die Milchwirtschaft daran zu Grunde gehen“, kommentiert der Biologe die Vorgehensweise der verantwortlichen Politiker.

 

Die kolumbianische Naturschutzorganisation Fundación Humedales ist seit zwölf Jahren am See aktiv. Als letzte verzweifelte Maßnahme rief die Organisation nun zu einer konzertierten Rettungsaktion für den See auf. Im August 2011 fand eine Konferenz  vor Ort mit lokalen Behörden und internationalen Organisationen statt, um auf die kritische Situation des Sees hinzuweisen. Geplant wurde diese Veranstaltung von der Fundación Humedales und dem Global Nature Fund. Darüber hinaus sollte mit Öffentlichkeitsarbeit der Druck auf die kolumbianische Regierung und die Umweltministerin Beatriz Uribe sowie auf die lokale Behörde erhöht werden.

 

Hintergrund

Am Tag zum Schutz der Feuchtgebiete ernennt der Global Nature Fund alljährlich den „Bedrohten See des Jahres“, um zur Lösung von drängenden Problemen an den Feuchtgebieten und Seen der Welt beizutragen. Die „Laguna de Fúquene“ ist mit 3.000 Hektar das letzte größere Süßwassersystem der östlichen Andenkordillere, der auf 2.540 Meter gelegenen Hochebene von Bogotá. Der See gehört zu einem Verbund von verschiedenen Flüssen, Feuchtgebieten und kleineren Seen des Ubaté Tales mit einer Fläche von 1.974 Quadratkilometern. Der Fúquene See ist Mitglied im internationalen Seennetzwerk Living Lakes, das vom Global Nature Fund koordiniert wird. Das Seennetzwerk setzt sich erfolgreich und nachhaltig für die betroffenen Regionen ein und wird hierbei auch von weltweit tätigen Unternehmen wie Daimler, der Deutschen Lufthansa, T-Mobile, Sika, Reckitt Benckiser und Osram unterstützt.

 

Weitere Informationen über die Lagune de Fúquene finden Sie auf unserer Webseite.

Im August 2011 veranstaltete die GNF-Partnerorganisation Fundación Humedales eine Konferenz, die sich mit dem Schutz des Fúquene-Sees befasste. Konkret sollte die aktuelle Situation des Sees geschildert werden sowie ein Aktionsplan und zukünftige Managementszenarien analysiert werden. Dazu wurden Vertreter aus Politik, von Universitäten, Naturschutzverbänden, der Zivilgesellschaft, Bauern und Fischer sowie Investoren eingeladen. Das Ziel der Konferenz war es, einen interessensübergreifenden Leitfaden zu entwickeln, der den ökologischen Erhalt und die ökonomische Nutzung des Sees berücksichtigt. Außerdem sollte national und international auf die kritische Situation des Sees aufmerksam gemacht werden.

 
 Landwirtschaftlich genutzte Flächen
 Feucht- und Riedgebiete an den Ufern
 Milchwirtschaft
 Ausbreitung der Wasserpest
 Setzlinge heimischer Pflanzen in einer Baumschule
 Handwerkliche Produkte aus Naturmaterialien