GNF - Bedrohter See des Jahres 2013: Winnipegsee
 

Bedrohter See des Jahres 2013: Winnipegsee in Kanada

 

Allgemeines

Der Winnipegsee ist mit einer Oberfläche von 23.750 km² der drittgrößte Frischwassersee in Kanada und der zehntgrößte See weltweit. Seine Oberfläche bedeckt 3,7 % der Fläche der kanadischen Provinz Manitoba. Der See erstreckt sich über eine gesamte Länge von 436 km und ist in zwei Becken unterteilt. Das südliche flachere Becken ist über die sog. „Narrows“ mit dem etwas tieferen und größeren nördlichen Becken verbunden. In unmittelbarer Ufernähe leben ungefähr 23.000 Einwohner, die sich auf 30 Gemeinden verteilen.

 

Am Lake Winnipeg ist die größte kommerzielle Zander-Fischerei Nordamerikas angesiedelt und der See ist das drittgrößte Staubecken weltweit. Zudem ist der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für viele Gemeinden am See. Die Kommunen verfügen aber oft über keine ausreichende Abwasserreinigung und belasten die Wasserqualität des Lake Winnipeg mit Stickstoff- und Phosphorverbindungen.

 

Im Einzugsgebiet des Lake Winnipeg leben ungefähr sieben Millionen Menschen, das Gebiet erstreckt sich über eine Fläche von fast 1 Millionen km². Es umfasst die kanadischen Provinzen Alberta, Saskatchewan, Manitoba und Ontario sowie die US-Bundesstaaten North Dakota, South Dakota, Minisota und Montana. Über zahlreiche Flüsse, wie den Saskatchewan River, Red River, Assiniboine River und Winnipeg River, gelangt Wasser in den Lake Winnipeg.

Aktuelle Situation – Akute Bedrohungen des Winnipegsees

Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft

Über den größten Zufluss, den Red River, gelangen große Mengen an Stickstoffverbindungen in das südliche Becken des Lake Winnipeg. Riesige Agrarflächen bestimmen die Landschaft im Süden des Lake Winnipeg. Die intensive Landwirtschaft und der Ackerbau verursachen seit Jahrzehnten eine hohe Konzentration an Stickstoffverbindungen, die durch den Einsatz von Düngemitteln hervorgerufen wurden und hauptsächlich über den Red River in den See gelangen. Angebaut werden Sommerweizen, Sommerraps, Flachs, Sonnenblumen, Kartoffeln, Sommergerste und Hafer.

Unbehandelte Abwässer aus Haushalten und Industrie erzeugen hohe Phosphorkonzentrationen

Ungefähr 55 km südlich des Lake Winnipeg liegt die Provinzhauptstadt Winnipeg, mit 670.000 Einwohnern auch die größte Stadt in der Provinz. Durch sie schlängelt sich der Red River und fließt anschließend in das südliche Becken des Lake Winnipeg. Das Flusswasser nimmt Trüb- und Schwebstoffe sowie die gelösten Stoffe aus den Haushalten und der Industrie mit, die über unzureichend geklärte Abwässer zufließen.

 

Nördlich des Lake Winnipeg prägen weitläufige Wälder und Seenlandschaften das ursprüngliche Landschaftsbild. In dieser Kulisse entstanden viele kleinere Siedlungen, in denen Viehzucht betrieben wird. Zahlreiche Gemeinden verfügen über keine Abwasserklärung, so dass hohe Frachten an Phosphorverbindungen über Zuflüsse in den See gelangen.

Chemikaliencocktail im Lake Winnipeg

Der Eintrag all dieser gelösten Stoffe verursacht eine immense Eutrophierung, die immer wieder zu einem vermehrten Algenwachstum im See führte. Bereits in den 1930-er Jahren wurde ein erstes stärkeres Algenwachstum auf Grund von erhöhten Phosphorkonzentrationen beobachtet und dokumentiert.

 

Satellitenfotos zeigen, dass das Algenwachstum in den vergangenen Jahren gehäuft auftrat. Besonders im nördlichen Becken, in dem das Wasser klarer ist, bot sich den Algen ein optimales Angebot an Nährstoffen und Licht. Im Spätsommer und Herbst bedecken Algen hier große Flächen, das warme Wasser und geringe Winde begünstigen ihr rasches Wachstum. Die Algen, u.a. auch Cyanobakterien, senken die Konzentration an gelöstem Sauerstoff im Seewasser und bilden zudem Giftstoffe, die die Flora und Fauna des Sees stark beeinträchtigen.

 

Jährlich gelangen ca. 8.000 Tonnen Phosphor in den Lake Winnipeg, von denen nur ein sehr geringer Anteil über den Nelson River wieder den See verlässt. So hat sich über Jahrzehnte die Konzentration an Phosphor im See und seinen Sedimenten stetig erhöht.

Gewinnung von Elektrizität am Nelson River/Regulierung der Abflussmenge

Der Nelson River ist der einzige Abfluss des Lake Winnipeg. Bereits im Jahr 1961 wurde an seinen Ufern das erste Wasserkraftwerk in Betrieb genommen. Inzwischen sind weitere dazugekommen, insgesamt wird über mehr als 40 Turbinen in fünf Kraftwerken eine Strommenge von über 20 TWh erzeugt. Das natürliche Gefälle des Nelson River auf seinem Weg vom Lake Winnipeg in die Hudson Bay beträgt 218 m.

 

Durch diese künstlichen Staustufen wird bereits seit Jahrzehnten die Abflussmenge reguliert, so dass natürliche Überflutungsflächen und Feuchtgebiete am Lake Winnipeg inzwischen trocken gefallen sind. Eine jahreszeitlich bedingte Überflutung erfolgt seit langem nicht mehr, da in den kalten Monaten der Energiebedarf und somit auch die Wassermenge im Nelson River ansteigen, anstatt den höchsten Wasserstand im See hervorzurufen.

Fischerei

Am Lake Winnipeg hat sich eine wichtige Fischerei-Industrie angesiedelt, die den Großteil der gesamten Branche in der Provinz Manitoba ausmacht. Einst war der See die Hauptquelle der Goldaugen in Kanada. Karpfen wurden einst über den Red River in den See eingesetzt und haben sich inzwischen fest angesiedelt. Amerikanischer und kanadischer Zander sowie Heringsmaräne machen zusammen den größten Anteil des kommerziellen Fischfangs aus. Ungefähr 3.000 Mitarbeiter, vom Fischfang bis hin zur Vermarktung der fertigen Produkte, zählt dieser Industriezweig.

Tourismus

Der Lake Winnipeg bietet seit Jahrezehnten hundert Tausenden Touristen jährlich die Möglichkeit, sich an zahlreichen schönen Stränden zu erholen. Die beliebtesten Strände befinden sich am südlichen Becken, am nördlichen Becken sind die Strände schwerer zu erreichen. Jährlich besuchen eine halbe Millionen Touristen den Grand Beach Provincial Park am Ostufer des Sees.

Der Tourismus brachte ein umfangreiches Angebot an Unterkünften, Zeltplätzen, Bootsvermietungen und weiterer Freizeitaktivitäten am Winnigpegsee hervor.

Zerstörung von Uferbereichen

Viele Uferbereiche sind durch Erosionen bereits heute schon stark geschädigt, da diese ehemals natürlichen Überflutungsgebiete trocken gefallen und die Bodenstrukturen seither instabiler geworden sind. Durch Bebauung werden weitere wertvolle Rückzugsgebiete für Tiere und Pflanzen unwiederbringlich zerstört.

 Unberührtes Ufer des Winnipegsees
 Winnipegsee in der kanadischen Provinz Manitoba
Quelle: www.wikipedia.org
 Algenteppiche
Photo: Mavin Whicker, Quelle LWF
 Warnhinweis wegen der Algenblüte
Photo: Mavis Whicker, Quelle: LWF
 Red River - Größter Zustrom des Winnipegsees
 Wasserkraftwerk Jempeg am Nelson River
 Klares Wasser im Winnipegsee
 

Erste Maßnahmen zur Verbesserung der Situation

Im Jahr 2002 wurden 60 Messstationen im See eingerichtet, an diesen Stellen werden chemische, physikalische und biologische Parameter erfasst. Das Lake Winnipeg Research Consortium wertet diese Ergebnisse aus und bindet in enger Zusammenarbeit auch Universitäten, Unternehmen, Haus- und Bootbesitzer, Fischer, Ureinwohner sowie die zuständigen Behörden Kanadas und Manitobas in Entscheidungen und Maßnahmen ein.

 

An den massiven Phosphor- und Stickstoffeinträgen hat sich seither leider aber nichts geändert. Hier sind nun die Betreiber von bestehenden Kläranlagen, z.B. auch in der Stadt Winnipeg, gefragt, entscheidende Schritte zur Phosphorelimination zu leisten. Auch die Erfassung und Reinigung von bisher ungeklärten Abwässern aus Haushalten sollte vorangebracht werden. Somit könnte eine Absenkung der Phosphormenge gelingen und damit auch die Eutrophierung des Sees reduziert werden.

Hintergrund

Seit dem Frühjahr 2010 ist der Winnipegsee Mitglied im internationalen Netzwerk Living Lakes des Global Nature Fund und wird durch die Organisation Lake Winnipeg Foundation (LWF) in diesem Netzwerk vertreten. Zusammen mit der Organisation Wildsight und dem Global Nature Fund gründete LWF im Sommer 2010 das nationale Living Lakes-Netzwerk Kanada, dem inzwischen fünf Partner sowie vier weitere Organisationen angehören.

Allgemeines

Seit dem Jahr 2004 ernennt der Global Nature Fund, eine international tätige Umweltstiftung, am 2. Februar dem internationalen Tag der Feuchtgebiete, jedes Jahr einen „Bedrohten See des Jahres”. Dadurch soll über die aktuelle und bedrohliche Situation vor Ort aufmerksam gemacht werden. Das Augenmerk liegt auf die Förderung von Maßnahmen und Lösungsansätzen zur Verbesserung der Umweltbelastungen des jeweiligen Sees.

Weitere Informationen zum Winnipegsee finden Sie auch auf unserer Webseite.

 Idyllische Stimmung am Winnipegsee
Foto: Bruce Smith, Quelle: LWF
 Natürlicher Uferabschnitt am Winnipegsee
 

Kontakt

Lake Winnipeg Foundation

Vicki Burns (Outreach Coordinator)

440 Waverley Street

Winnipeg, MB R3M 3L4

Phone: +1 - 204 - 489 - 38 52

Fax: +1 - 204 - 488 - 20 48

E-Mail: vickiburns@mts.net

Website: www.lakewinnipegfoundation.org/

 

Living Lakes Network Canada

Katarina Hartwig

Mobile +1 - 250 - 342 - 54 45

Tel.: +1 - 250 - 346 - 30 36

E-Mail: kat@livinglakescanada.ca

Website: www.livinglakes.ca

 

Global Nature Fund (GNF)

Udo Gattenlöhner

Fritz-Reichle-Ring 4

78315 Radolfzell, Deutschland

Tel.: +49 - (0) 77 32 - 99 95 - 80

Fax: +49 - (0) 77 32 - 99 95 - 88

E-Mail: gattenloehner@globalnature.org

Website: www.globalnature.org